Geschäftsführer Bastian Sens lacht in die Kamera

Warum die FIFA Klub-WM 2025 marketingtechnisch baden ging – und was wir daraus lernen können

Bastian Sens am 25. Juni 2025

Die FIFA hat geliefert. Große Namen, riesige Stadien, Millionenbudget. Und doch interessiert sich in Europa kaum jemand für die neue Klub-WM. Warum? Weil Marketing nicht heißt: „Mach’s groß.“ Marketing heißt: Mach’s bedeutsam.

Was wir gerade in den USA sehen, ist das perfekte Lehrstück für gescheitertes Eventmarketing. Elf Städte, Lionel Messi, Real Madrid, volle Sponsorentöpfe – aber eben auch: halbleere Tribünen, minimale TV-Quoten und eine emotionale Kälte, die nicht mal 50 Millionen Werbebudget wettmachen konnten.

Gianni Infantino wollte sein Erbe zementieren – mit einer Klub-Weltmeisterschaft, die die Champions League alt aussehen lässt. Doch statt Mythos entstand Monotonie. Statt Euphorie herrscht Erklärungsbedarf.

In diesem Artikel schauen wir aus Marketingsicht auf die Fehler, die gemacht wurden – und was jedes Unternehmen daraus lernen kann, wenn es ein neues Produkt, Event oder Angebot in die Welt bringt. Denn die Mechanismen sind die gleichen: Ohne echte Story, ohne Relevanz und ohne Community bleibt selbst das größte Event ein leeres Stadion.

 

  1. Große Bühne, keine Geschichte: Wenn Marketing am Kern vorbeigeht

Die FIFA Klub-WM 2025 ist ein Musterbeispiel für „Too much, too soon“. Statt die Marke langsam aufzubauen, wurde ein Mega-Turnier aus dem Boden gestampft – in 11 US-Städten, mit 32 Teams, inmitten eines ohnehin überladenen Fußballkalenders. Was fehlte? Die Geschichte. Die Identifikation. Der Grund, warum jemand außerhalb Brasiliens oder eines Hardcore-Fanlagers überhaupt einschalten sollte.

❌ Der Denkfehler: „Wenn die Namen groß genug sind, kommt das Interesse von allein.“

Das ist der klassische Irrglaube vieler Unternehmen: Man holt sich große Testimonials, baut eine aufwendige Kampagne – und erwartet, dass das Publikum sich automatisch dafür interessiert. Doch Aufmerksamkeit folgt nicht dem Budget. Aufmerksamkeit folgt Bedeutung. Und Bedeutung entsteht aus Relevanz, Nähe und Emotion – nicht aus Logos und Pressemitteilungen.

  1. Zielgruppe verfehlt: In Europa fühlt sich niemand abgeholt

Der wahrscheinlich gravierendste Fehler der FIFA: Sie hat Europa als Zielmarkt völlig falsch eingeschätzt. In Deutschland, Frankreich, Spanien – dort liegt der Fokus auf der Champions League. Diese ist klar positioniert, emotional aufgeladen, historisch verankert. Die Klub-WM dagegen wirkt wie ein konstruiertes Produkt – ohne kulturellen Kontext, ohne Narrative, ohne Fanbindung.

❌ Marketing-Flop #1: Keine klare Positionierung

Was genau ist die Klub-WM? Der wahre Weltpokal? Eine Champions-League-plus? Eine globale Fußball-Messe? Solange das nicht glasklar ist, bleibt das Turnier für europäische Fans ein: „Aha, noch ein Wettbewerb.“

❌ Marketing-Flop #2: Kein identitätsstiftender Kern

Ein Fan lebt von Zugehörigkeit. Doch wem soll man hier zujubeln? Der kontinentale Stolz zieht nicht – und wenn ein Spiel nachts um 3 Uhr läuft, schaltet auch kein Kind in München, Lyon oder Rotterdam den Fernseher ein.

  1. Botafogo gegen PSG – das Marketing-Gold, das liegen blieb

Und dann passiert sie. Die eine Geschichte, auf die jedes Sportturnier hofft. Botafogo aus Rio de Janeiro gegen Paris Saint-Germain. Der kleine, leidenschaftliche Klub aus Brasilien bringt den milliardenschweren Superclub aus Europa an den Rand der Niederlage. Emotion, Drama, David gegen Goliath.

Was macht die FIFA daraus? Nichts. Kein viraler Clip. Kein Instagram-Storytelling. Kein Kurzfilm. Kein Fokus auf die Spieler, auf die Fan-Reaktionen, auf den Wahnsinn dieser 90 Minuten.

❌ Verpasste Chance: Story nicht erzählt = Story nicht existent

Was nicht emotional aufbereitet wird, existiert nicht in der Wahrnehmung. Gerade in einer digitalen Welt, in der TikTok-Clips, Dokus und Memes die öffentliche Meinung prägen.

✅ Learning für Unternehmen: Geschichten muss man aktiv bauen und erzählen.

Ein gutes Produkt oder Event reicht nicht. Man muss die Emotionen sichtbar machen – durch starke Narrative, echte Gesichter, Perspektivwechsel.

  1. Atmosphäre lässt sich nicht erfinden – sie muss wachsen

Ein weiteres Problem: die Stimmung. Oder besser gesagt: das Fehlen davon. Halbleere NFL-Stadien, mittägliche Anstoßzeiten bei 35 Grad, Menschen, die vor Ort keine Beziehung zum Spiel haben – das alles killt Emotion.

In Atlanta spielen Chelsea und LAFC – und zwei Drittel des Stadions bleiben leer. Nicht, weil das Produkt schlecht ist. Sondern weil es nicht verankert wurde.

❌ Marketing-Flop #3: Verteilung statt Verdichtung

11 Städte bedeuten 11 mal Neustart. Kein Zentrum, keine Fanmeile, keine kollektive Aufladung. Jeder Ort wirkt wie ein Testspiel-Areal – ohne Sogwirkung.

✅ Besser: Ein Turnier braucht ein Herz.

Ein Austragungsland wie Brasilien, wo Fußball Religion ist, wäre der richtige Nährboden. Weniger Spielorte, dafür echtes Fieber. Fan-Zonen. Public Viewing. Lärm, Gesänge, Gänsehaut. Erst dann entstehen Bilder, die um die Welt gehen – und Klicks, die Reichweite bringen.

  1. „Mehr Werbung“ ist keine Lösung

Als die FIFA merkte, dass das Interesse ausblieb, reagierte sie reflexhaft: Noch mehr Werbung, noch mehr Influencer, noch mehr Budget. 50 Millionen US-Dollar zusätzlich. Ergebnis: ein paar gesponserte Reels, bezahlte Tweets – aber kein kollektives Aufwachen.

❌ Marketing-Flop #4: Budget ersetzt keine Relevanz

Die FIFA hat sich Reichweite gekauft – aber keine Beziehung aufgebaut. Wenn der Content leer ist, nützt auch der größte Influencer nichts. Menschen spüren, ob etwas authentisch ist. Und diese Kampagne roch nach FIFA-Büro statt nach Fußballplatz.

✅ Unternehmen müssen lernen:

Erst Substanz, dann Distribution. Du brauchst eine Botschaft, eine Story, eine Haltung – dann kannst du sie skalieren. Aber nicht umgekehrt.

  1. Was Unternehmen daraus lernen können

Die FIFA Klub-WM 2025 zeigt eindrucksvoll:
Ein großes Event ohne Bedeutung bleibt ein leeres Stadion. Und das gilt auch im Business.

Egal ob Produktlaunch, Kampagne oder Live-Event – viele Unternehmen machen denselben Fehler:
Sie gehen raus mit viel Budget, großen Namen, schicken Visuals – aber ohne echte Geschichte.
Ohne emotionalen Kern. Ohne Community. Und wundern sich dann über Desinteresse.

🔑 Was es stattdessen braucht:

  • Klarer Purpose: Warum gibt’s dieses Angebot? Wofür steht es?
  • Konkrete Zielgruppe: Wer soll sich emotional angesprochen fühlen – und warum?
  • Relevante Story: Nicht, was es ist, sondern warum es zählt.
  • Verdichtung statt Verteilung: Lieber ein kleinerer Kreis mit echter Bindung als breite Streuung ohne Resonanz.
  • Organisches Wachstum: Lass Geschichten entstehen – durch echte Nutzung, echte Stimmen, echte Erlebnisse.

Fazit & Ausblick: 2029 als zweite Chance

Die Klub-WM kann 2029 funktionieren – wenn sie von Grund auf neu gedacht wird.
Nicht größer. Sondern emotionaler.
Nicht mehr Städte. Sondern mehr Fokus.
Nicht mehr Spots. Sondern mehr Bedeutung.

Ein Land wie Brasilien kann dafür der richtige Ort sein: Fußballkultur, Fanbindung, Atmosphäre.
Aber vor allem braucht es eines: Storytelling. Eine Doku über Botafogo. Ein Porträt über einen Spieler, der vom Slum zur Weltbühne kommt. Ein Turnier, das sich nicht wie ein FIFA-Projekt anfühlt – sondern wie ein Fußballmärchen.

Denn am Ende gilt im Sport wie im Marketing:

Was Menschen bewegt, bleibt. Der Rest läuft durch.

 

One comment on “Warum die FIFA Klub-WM 2025 marketingtechnisch baden ging – und was wir daraus lernen können”

  1. Interessanter Artikel! Ich finde, du hast gut beschrieben, warum die FIFA Klub-WM 2025 marketingtechnisch einfach nicht gezündet hat. Ohne spannende Geschichten und echte Fanbindung bleibt so ein Event leider eher unspektakulär. Danke fürs Teilen dieser Sichtweise!

    Liebe Grüße Berna

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